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Neuigkeiten aus St. Georg Kraftshof-Almoshof

Das passiert in unserer evangelischen Kirchengemeinde

Anna Most

Ein Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft

 

Eine junge Kraftshöferin stirbt mit 21 Jahren im KZ Auschwitz. Sie ist evangelische Christin. Wie kam es dazu? Alois Zwingl hat uns die Lebensgeschichte seiner Tante weitergeben; er konnte auf Erinnerungen eines Onkels zurückgreifen - sie beginnt ganz normal: Anna Most kommt 1923 zur Welt als erste Tochter der Eheleute Alois und Margarete Most, geb. Kreß, die in der Schiestlstraße wohnen. Es folgt Schwester Mina. Anna wird 1937 konfirmiert. Die Mutter stirbt, der Vater heiratet wieder. Nach der Schulzeit geht Anna „in Stellung“ bei einer wohlhabenden Familie in der Stadt. Mit dieser Familie wechselt sie schon 1937 nach Chemnitz. Wie es ihr dort ging, darüber gibt es keine Erinnerungen; das kam wohl auch daher, weil Annas Verhältnis zu ihrer Stiefmutter angespannt war und der Vater bald in den Krieg musste. Als nächstes ist bekannt, dass Anna wegen Arbeitsverweigerung in Frankfurt/Main inhaftiert wurde. Möglicherweise hatte sie Kontakte zu einer Untergrundorganisation der SPD. Dann wurde sie nach Nürnberg in ein Arbeitslager überstellt und musste bei der Firma Neumeyer arbeiten. Der Pförtner der Firma Neumeyer wohnt als Mieter im Elternhaus in Kraftshof. Er gibt der Stiefmutter den Hinweis, dass sie Anna herausholen könne. Doch diese unternimmt nichts. Darauf wird Anna nach Auschwitz deportiert und stirbt dort am 15.07.1944 angeblich an einer Lungenentzündung - die damals übliche Angabe. Eine Aschenurne wird der Familie zugestellt. Pfarrer Jordan nimmt am 24.08.1944 die Beisetzung vor.

Ein Schicksal wie so viele in der Kriegszeit, könnte man sagen. Aber Anna Most ist ein Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Ihre Schwester Mina, verheiratete Zwingl, wünschte sich, dass an die Geschichte ihrer Schwester mit einer Gedenktafel beim Gefallenendenkmal in der Wehrkirchenanlage erinnert wird. Der Kirchenvorstand St. Georg ist dafür offen.

Möglicherweise gab es noch weitere zivile Opfer aus unserem Gemeindegebiet, die in der NS-Zeit aus politischen Gründen verfolgt wurden oder als Insassen von psychiatrischen Einrichtungen oder solchen für Behinderte getötet wurden.

Wenn Ihnen solche Lebensgeschichten bekannt sind, möchten wir Sie mit diesem Artikel einladen, diese an uns (Pfarrer/Pfarrbüro oder Kirchenvorsteher/-innen) weiterzugeben.

Dann kann eine gemeinsame Form des Gedenkens gefunden werden. Diese Menschen in Erinnerung zu behalten ist eine Mahnung gegen totalitäre Ideologien und einer Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal von Mitmenschen auch heute.

Pfarrer Matthias Wagner